Wenn der erste Satz die Türen schließt, helfen keine Argumente mehr.
Der Fall
Herr Neumann, Klassenlehrer einer 7. Klasse, lädt die Eltern von Jana zu einem Gespräch ein. Jana hat in den letzten Wochen häufig den Unterricht gestört und mehrfach ihre Hausaufgaben nicht gemacht.
Gleich zu Beginn des Gesprächs sagt Herr Neumann: „So kann das mit Ihrer Tochter nicht weitergehen. Sie ist in der Klasse auffällig und stört massiv den Ablauf.“
Die Eltern wirken betroffen, ziehen sich innerlich zurück und verteidigen ihr Kind: „Unsere Tochter fühlt sich in Ihrer Klasse einfach nicht wohl.“
Aus einem Gespräch über Lösungen wird ein Schlagabtausch. Statt gemeinsam nach Wegen zu suchen, um Janas Verhalten zu verbessern, endet das Gespräch in Vorwürfen und gegenseitigem Unverständnis.
Verständnisfrage: Ist das Gespräch des Klassenlehrers mit den Eltern überhaupt eine Verhandlung? Ja, denn der Klassenlehrer möchte die Mitwirkung der Eltern. Und sobald es um die Mitwirkung eines anderen geht, landen wir geradewegs in einer Verhandlung.
Der Fehler
Herr Neumann hat das Gespräch mit einer konfrontativen Aussage begonnen.
Die Eltern wurden in eine Verteidigungsposition gedrängt, bevor überhaupt ein gemeinsames Ziel formuliert wurde. Die Möglichkeit, das Gespräch als partnerschaftliche Suche nach Lösungen zu gestalten, wurde vertan. Die Beziehungsebene wurde beschädigt, bevor eine sachliche Auseinandersetzung möglich war. So wurde eine wichtige Chance vergeben, eine konstruktive Basis für weitere Zusammenarbeit zu schaffen
Die Lösung
Ein gelungener Einstieg in eine Verhandlung – auch im Schulkontext – braucht Sensibilität und Strategie.
Beginnen Sie schon mit dem Auftakt eine Beziehung herzustellen, Vertrauen zu schaffen und ein gemeinsames Anliegen zu definieren. Wer gleich zu Beginn klarstellt, dass er mit dem Gegenüber gemeinsam eine Lösung sucht, stellt die Weichen auf Kooperation. Dabei helfen Techniken wie positive Zielkommunikation, das Einbinden des Gesprächspartners und die bewusste Vermeidung von Schuldzuweisungen.
Fünf konkrete Maßnahmen:
- Bauen Sie auf das, was schon funktioniert oder beginnen Sie mit dem, was gut läuft oder bereits gelungen ist.
„Mir ist aufgefallen, dass Jana im Kunstunterricht sehr engagiert ist – das ist eine Stärke, auf der wir aufbauen können.“ - Formulieren Sie Ihr Ziel als gemeinsames Anliegen:
„Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam überlegen, wie Jana besser mitmachen kann.“ - Betonen Sie den gemeinsamen Nutzen:
„Uns allen liegt daran, dass Jana in der Schule wieder mehr Freude hat und mitarbeitet.“ - Verwenden Sie Einladungsformulierungen:
„Ich würde gern Ihre Sicht hören – wie erleben Sie die Situation zu Hause?“ - Nutzen Sie ‚Wir‘-Botschaften:
„Wie können wir gemeinsam dafür sorgen, dass sich die Lage für Jana verbessert?“
Der Merksatz
Beginnen Sie Ihre Verhandlung mit einem klugen Einstieg: Formulieren Sie Ihre Ziele positiv, vermeiden Sie Angriffe und machen Sie Herausforderungen zu gemeinsamen Anliegen.
Die ZENTUNO-Methode
Die ZENTUNO-Methode strukturiert den komplexen Verhandlungsprozess in überschaubare Phasen. Sie hilft, den Überblick zu behalten, Ziele konsequent zu verfolgen und ermöglicht eine systematische, fehlerfreie Herangehensweise an jede Verhandlungssituation.
Weitere Merksatz-Briefings
Wenn Prozentzahlen die Wahrheit verdecken
Ein Schlagabtausch über Prozente bringt selten Lösungen. Wer die Interessen, Alternativen und Befugnisse seines Gegenübers nicht kennt, kämpft im Dunkeln – und verliert oft den Deal.
Perfektion weckt Angst – und Angst verschreckt den Kunden
Wer um jeden Preis Recht behalten will, verunsichert den Kunden. Dieser trifft dann lieber gar keine Entscheidung, um keine falsche zu treffen – und der Deal scheitert.
Sie möchten Vertrauen aufbauen? Dann hören Sie auf zu drängen!
Vertrauen braucht Entscheidungsfreiheit und Gemeinsamkeiten. Wer drängt erzeugt Ablehnung.