Berg-auf-Verhandlungen: Einer der teuersten Fehler
Der Fall
Eine Arbeitnehmerin will 20.000 Euro Bonus.
Ihr Chef wirft 10.000 Euro in den Raum. Statt souverän ihre eigene Zahl zu setzen, reagiert sie sofort auf den Vorschlag des Chefs und argumentiert dagegen: Überstunden, Projekte, Verantwortung.
Doch sie verhandelt bergauf – von 10.000 in Richtung 20.000. Dieses Ringen ist aussichtslos. Am Ende bleibt sie bei 13.000 Euro hängen, weit unter ihrem Ziel.
Der Fehler
Die Arbeitnehmerin ließ sich auf den Anker ihres Chefs ein. Damit übernahm sie unbewusst dessen Bezugsrahmen.
Genau hier liegt der Kernfehler: Erfolgreich von unten nach oben zu verhandeln ist fast unmöglich. Ein Angebot von 10.000 auf 18.000 hochzuschieben erfordert ungleich mehr Kraft als ein eigenes Angebot von 20.000 auf 18.000 zu reduzieren.
Dieses „Berg-auf-Verhandeln“ zählt zu den größten Fehlern überhaupt.
Wer fremde Anker bearbeitet, schwächt die eigene Position massiv. Nur wer seinen eigenen Anker hält und aus der Burg heraus verteidigt, kann gezielt nachgeben.
Zudem entsteht bei der Gegenseite die Überzeugung, etwas erreicht zu haben – ein entscheidender Faktor für ihre Prozesszufriedenheit.
Die Lösung
Verteidigen Sie Ihren Anker – und greifen Sie nicht die Burg der anderen Seite an.
Bleiben Sie in Ihrer eigenen Burg und lassen Sie die andere Seite arbeiten.
Wird Ihr Anker nicht angegriffen, provozieren Sie gelassen: „Was spricht gegen mein Angebot?“ So bleibt Ihre Zahl der zentrale Referenzpunkt. Nur so behalten Sie die Kontrolle darüber, wann und wie Sie nachgeben – und nutzen dieses Nachgeben gezielt, um bei der Gegenseite die Überzeugung zu erzeugen, etwas erreicht zu haben.
Maßnahmen
- Eigenen Anker halten:
Ihr Angebot bleibt gesetzt. Verteidigen Sie sie ruhig und souverän, ohne hektische Rechtfertigungen. - Nicht auf fremde Anker einlassen:
Greifen Sie die Zahl der Gegenseite nicht an – das führt direkt in eine Berg-auf-Verhandlung. - Gezielt nachgeben:
Senken Sie Ihren Anker kontrolliert. Immer im Paket. So entsteht bei der Gegenseite die Überzeugung, etwas erhalten zu haben und erfolgreich gewesen zu sein – damit befriedigen Sie die Erwartungen in die Prozesszufriedenheit. 
Der Merksatz
Ankern, einladen, verteidigen: Lassen Sie die Gegenseite Ihren Anker angreifen. Bleiben Sie in der Burg.
Die ZENTUNO-Methode
Die ZENTUNO-Methode strukturiert den komplexen Verhandlungsprozess in überschaubare Phasen. Sie hilft, den Überblick zu behalten, Ziele konsequent zu verfolgen und ermöglicht eine systematische, fehlerfreie Herangehensweise an jede Verhandlungssituation.
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Suppe serviert man mit der Kelle. Argumente löffelweise.
Zu viele Argumente auf einmal wirken wie Suppe aus der Kelle: heiß, unkontrolliert und daneben. Dosierung schafft Zustimmung.

Wer mit der Tür ins Haus fällt, macht zwar Eindruck – aber keinen Fortschritt
Oft streiten sich Verhandler um Lösungen, ohne das Problem gemeinsam verstanden zu haben. Wer die Gegenseite frühzeitig einbindet, verhandelt nicht nur erfolgreicher, sondern erzielt auch bessere Ergebnisse.

Die gefährlichste Falle im Verhandeln ist nicht der Gegner – sondern das eigene Chaos.
Verhandlungstricks können nützlich sein – aber ohne roten Faden verwandeln sie sich in Stolperfallen. Erfolg braucht Strategie, nicht Zufall.
