Das Verhandlungsinstrument “Fragen” – immer griffbereit, doch häufig fahrlässig vernachlässigt
Das Problem
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einer Preisverhandlung mit einem Lieferanten. Ihr Gegenüber fordert eine Preiserhöhung um zehn Prozent. Sie reagieren sofort: „Das ist nicht akzeptabel!“ und liefern eine lange Argumentation, warum das für Ihr Unternehmen untragbar ist. Doch der Lieferant bleibt hart. Die Fronten verhärten sich, die Verhandlung stockt.
Was ist hier passiert? Statt mit Fragen die Motive und Hintergründe der Forderung zu ergründen, wurde sofort mit Gegenargumenten gearbeitet. Möglicherweise gibt es Spielräume, Alternativen oder einen anderen Wert für den Lieferanten, der für Sie akzeptabel wäre – doch ohne gezielte Fragen bleiben diese unentdeckt.
Viele Verhandler verlassen sich zu stark auf Argumente und vernachlässigen das Fragenstellen. Dadurch werden wichtige Informationen nicht offengelegt, und wertvolle Verhandlungsoptionen bleiben ungenutzt. Zudem wird oft vorschnell von der eigenen Position aus argumentiert, anstatt die Bedürfnisse und Interessen der Gegenseite zu erfassen. Das führt zu Blockaden, Missverständnissen und verhärteten Fronten.
Die Lösung
Setzen Sie Fragen ein, um Informationen, Werte, Hindernisse und Lösungen zu ergründen:
- Offene Fragen helfen, Bedürfnisse und Motive der Gegenseite zu verstehen („Was wäre Ihnen besonders wichtig?“).
- Hypothetische Fragen erkunden Alternativen („Wie würde sich die Situation verändern, wenn wir die Zahlungskonditionen anpassen?“).
- Klärende Fragen vermeiden Missverständnisse („Könnten Sie das näher erläutern?“). Wer klug fragt, kontrolliert den Informationsfluss und leitet die Verhandlung strategisch.
Die folgenden fünf Schritte helfen Ihnen, den Fehler zu vermeiden:
- Gezielte Vorbereitung: Überlegen Sie vor und während der Verhandlung, welche Informationen Sie benötigen und welche Fragen Sie stellen können, um diese zu erhalten.
- Verhandlung steuern: Wer gezielt fragt, lenkt das Gespräch und schafft eine zielführende Gesprächsdynamik. Beim Thema Tagesordnung könnte etwa gefragt werden: „Welche Punkte sind für unser Ziel heute am wichtigsten?“ Dadurch werden Prioritäten geklärt und die Verhandlung wird einvernehmlich auf diese Punkte gelenkt.
- Fragen statt argumentieren: Wenn eine Forderung im Raum steht, stellen Sie zunächst Fragen, bevor Sie Ihre eigene Position vertreten. Setzen Sie Argumente als Transportmittel für Ihre Argumente ein. “Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, einen festen Liefertermin zu vereinbaren?” Das lässt der anderen Seite die Freiheit und erleichtert die Zustimmung.
- Lagerwechsel verursachen: Nutzen Sie Fragen, um Ihr Gegenüber zum Nachdenken zu bringen und neue Lösungswege zu eröffnen. Strategische Fragen helfen, unklare oder fehlende Informationen zu identifizieren. Veranlassen Sie die Gegenseite zu einem Perspektivenwechsel und eröffnen Sie so die Chance auf eine Neubewertung der Situation in Ihrem Sinne.
- Prozesszufriedenheit herstellen: Wenn alle Beteiligten aktiv in das Gespräch eingebunden sind, sich gehört fühlen und einen Beitrag zum Prozessverlauf liefern konnten, steigt die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess und einer positiven Bewertung des Ergebnisses.
Der Merksatz
Fragen gehören zu Ihren wertvollsten Verhandlungswerkzeugen. Setzen Sie sie klug ein, um Fakten, Werte, Hindernisse und Lösungen zu erforschen.
Die ZENTUNO-Methode
Die ZENTUNO-Methode strukturiert den komplexen Verhandlungsprozess in überschaubare Phasen. Sie hilft, den Überblick zu behalten, Ziele konsequent zu verfolgen und ermöglicht eine systematische, fehlerfreie Herangehensweise an jede Verhandlungssituation.
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