Merksatz 50

Ein erster großer Schritt, ein kleiner Abschluss – der klassische Verhandlungsfehler

Tauschen, nichts verschenken

Der Fall

Der selbstbewusste Einkaufsleiter der Telkon GmbH sitzt ihr gegenüber am Tisch und wartet.

„Okay“, beginnt die Projektleiterin Sandra Keller vom Zulieferer MiroTech, „dann fangen wir an. Wir würden Ihnen beim Preis schon mal entgegenkommen, sagen wir zehn Prozent.“ Eigentlich hatte sie gehofft, die Gegenseite würde den ersten Schritt machen. Nun hat sie das erste Zugeständnis gemacht – und zwar ein großes.

Im weiteren Verlauf versucht sie zwar, kleinere Vorteile für sich zu verhandeln, doch die Telkon GmbH nimmt diese kaum ernst.

Auf jeden neuen Vorschlag von Sandra Keller folgt ein größeres Gegenverlangen. Längere Zahlungsziele, kürzere Lieferzeiten, kostenlose Zusatzleistungen.

MiroTech stimmt am Ende zu. Im Nachgespräch heißt es intern: „Die haben uns schwindlig verhandelt.”

Der Fehler

Sandra Keller hat das erste Zugeständnis selbst gemacht, anstatt der Gegenseite den Auftakt zu überlassen. Dadurch entstand der Eindruck, dass sie den Abschluss dringend braucht und weitere Zugeständnisse möglich sind.

Ihre anfänglichen Zugeständnisse waren auch zu groß, wodurch das Signal ausgelöst wurde, dass in ihrem Angebot von Anfang an viel Luft ist und das, was sie anbietet, keinen großen Wert hat, denn etwas Wertvolles verschleudert man nicht.

Dies verstärkte bei Telkon den Eindruck, dass noch viel mehr möglich ist und MiroTech leicht zu immer weiteren Zugeständnissen bewegt werden kann.

Sandra Keller hat es versäumt, ein klares Ende des Verhandlungsspielraums zu markieren. Ohne Abschlusssignal bleibt die Erwartung weiterer Zugeständnisse bestehen.

Wenn Zugeständnisse nicht kleiner werden, wirkt es beliebig. Der Punkt, an dem nichts mehr geht, bleibt diffus und ist kaum noch glaubhaft zu begründen.

Die Lösung

So vermeiden Sie diese Fehler:

  1. Warten Sie auf die Initiative der Gegenseite:
    Fordern Sie die andere Seite auf, den ersten Vorschlag zu machen: „Wenn Sie möchten, können Sie gerne den Anfang machen.“ Wenn sich nichts bewegt, können Sie mit einem sehr kleinen Zugeständnis beginnen und die andere Seite anschließend erwartungsvoll anschauen. Machen Sie aber niemals als Erster ein großes Zugeständnis.
  2. Zugeständnisse taktisch staffeln:
    Starten Sie mit kleinen Bewegungen. Wenn die Gegenseite einen großen Schritt gemacht hat, können Sie auch einen größeren Schritt gehen. Danach muss jedoch jede weitere Bewegung kleiner ausfallen als die vorherige. Das signalisiert knapper werdenden Spielraum.
  3. Koppeln Sie immer Ihre Zugeständnisse:
    Geben Sie nie ohne Gegenleistung. “Wenn Sie X ermöglichen, kann ich Y tun.”
  4. Steuern Sie das Verhandlungstempo:
    Verlangsamen Sie bewusst nach jedem Zugeständnis. Pausen, Schweigen oder das Rückholen eines Entscheidungsgremiums wirken Wunder.
  5. Setzen Sie ein klares Abschluss-Signal:
    Beenden Sie die Verhandlungsphase aktiv mit Sätzen wie „Das ist unser letzter Vorschlag” oder „Darüber hinaus ist nichts mehr verhandelbar.” Das muss dann aber auch so sein!
  6. Nutzen Sie nonverbale Signale:
    Setzen Sie Körpersprache gezielt ein. Aufrechter Sitz, Unterlagen einpacken, zusammenfassende Worte am Ende unterstreichen die abschließende Haltung.
  7. Betonen Sie stets die Wertigkeit:
    Verdeutlichen Sie, dass jedes Zugeständnis teuer ist: “Das war ein harter interner Kampf” oder “Dafür musste ich mehrfach überzeugen.”

Der Merksatz

Geben und Nehmen – der ‚Dance on the Table‘: Die Gegenseite beginnt. Sie führen durch dosiertes Tauschen über die Tanzfläche und Sie beenden mit einem klaren Signal den Tanz.

Die ZENTUNO-Methode

Die ZENTUNO-Methode strukturiert den komplexen Verhandlungsprozess in überschaubare Phasen. Sie hilft, den Überblick zu behalten, Ziele konsequent zu verfolgen und ermöglicht eine systematische, fehlerfreie Herangehensweise an jede Verhandlungssituation.

Darstellung des Zentuno-VerhandlungsrastersMehr erfahren

Weitere  Merksatz-Briefings