Sie möchten Vertrauen aufbauen? Dann hören Sie auf zu drängen!
Der Fall
Carina, Projektleiterin bei einem Energiekonzern, verhandelt mit einem Start-up über eine gemeinsame Entwicklungspartnerschaft. Die Technik ist vielversprechend, die Chemie stimmt – zunächst jedenfalls.
Doch Carina pocht früh auf eine verbindliche Zusage. Sie nennt Deadlines, warnt vor Alternativen und betont immer wieder die „einmalige Gelegenheit“.
Die Stimmung kippt. Der Gründer wirkt plötzlich reserviert, Gespräche werden vertagt. Schließlich sagt das Start-up ab.
Carina kann es nicht verstehen: „Dabei passte doch alles – inhaltlich, menschlich, wirtschaftlich.“
Der Fehler
Carina hat nicht erkannt, dass Vertrauen ein Prozess ist und sich nicht erzwingen lässt.
Sie war überzeugt, dass die inhaltlichen Überschneidungen und ihre strategischen Argumente ausreichen würden. Doch sie ignorierte, wie schnell emotionale Mauern entstehen, wenn man Vertrauen erzwingen will. Ihre direkte Art, ihr Druck und ihr Beharren lösten Reaktanz aus.
Ihr entscheidender Fehler war, dass sie Kontrolle über eine Entscheidung wollte, die nur in Freiheit entstehen kann.
Die Lösung
Vertrauen entsteht unter drei Bedingungen:
Wahrgenommene Nähe, respektierte Autonomie und das Gefühl, frei entscheiden zu können. Ohne Prozesszufriedenheit entsteht keine Zustimmung – erst recht kein Vertrauen.
Wer Vertrauen aufbauen möchte, muss Gemeinsamkeiten aktiv sichtbar machen, Druck systematisch vermeiden und Freiräume als Gestaltungsangebot präsentieren. Diese Haltung ist kein Kuschelkurs, sondern eine strategische Positionierung.
Sie erzeugt Offenheit und ermöglicht Einwirkung.
Drei konkrete Maßnahmen zur Fehlervermeidung
- Schaffen Sie einen gemeinsamen Gesprächsrahmen:
Beginnen Sie Verhandlungen mit einer offenen Frage wie: „Wie wollen wir miteinander arbeiten, damit es für beide Seiten gut passt?” Das erzeugt Mitgestaltung und senkt das Verteidigungsniveau. Nutzen Sie Fragen, um Perspektiven zu erkunden, nicht, um zu überzeugen. - Ersetzen Sie Druck durch Klarheit:
Verzichten Sie auf Formulierungen wie „Wir brauchen jetzt eine Entscheidung“ oder „Sonst machen wir es mit einem anderen Partner“. Sagen Sie stattdessen: „Ich möchte, dass Sie eine Entscheidung treffen können, die Sie wirklich tragen wollen – was brauchen Sie noch von mir?” Damit nehmen Sie Tempo raus und schaffen Vertrauen. - Sprechen Sie die Entscheidungsfreiheit explizit an:
Kommunizieren Sie Alternativen aktiv, auch wenn es kontraproduktiv scheint. Formulierungen wie „Sie müssen gar nichts entscheiden – vielleicht ergibt sich der nächste Schritt von selbst“ wirken zwar paradox, stärken aber die Autonomie. Vertrauen wächst dort, wo kein Zugzwang herrscht.
Der Merksatz
Formel der Vertrauensbildung: Gemeinsamkeiten suchen, Druck vermeiden, Wahlfreiheiten ermöglichen.
Die ZENTUNO-Methode
Die ZENTUNO-Methode strukturiert den komplexen Verhandlungsprozess in überschaubare Phasen. Sie hilft, den Überblick zu behalten, Ziele konsequent zu verfolgen und ermöglicht eine systematische, fehlerfreie Herangehensweise an jede Verhandlungssituation.
Weitere Merksatz-Briefings
Wenn Prozentzahlen die Wahrheit verdecken
Ein Schlagabtausch über Prozente bringt selten Lösungen. Wer die Interessen, Alternativen und Befugnisse seines Gegenübers nicht kennt, kämpft im Dunkeln – und verliert oft den Deal.
Perfektion weckt Angst – und Angst verschreckt den Kunden
Wer um jeden Preis Recht behalten will, verunsichert den Kunden. Dieser trifft dann lieber gar keine Entscheidung, um keine falsche zu treffen – und der Deal scheitert.
Wer sich falsch setzt, sitzt schnell alleine!
Wer den Verhandlungsort wählt, ist oft schon vor dem ersten Wort im Vorteil. Subtile Rahmenbedingungen können darüber entscheiden, wie offen oder abweisend die Gegenseite agiert.