Merksatz 9

Verhandlungszuhören: Eine Disziplin mit höchsten Ansprüchen

Informationsdefizit bewältigen, Lagerwechsel vornehmen, Steuern und überzeugen

Das Problem

Stellen Sie sich folgende Verhandlungssituation vor:

Ein Unternehmen verhandelt mit einem potenziellen Großkunden über einen Millionenauftrag. Der Verhandlungsleiter des Unternehmens sitzt dem Einkaufsleiter des Kunden gegenüber.

Der Kunde nennt seine Anforderungen, spricht von Budgetgrenzen und äußert Bedenken. Der Verhandlungsleiter nickt, macht sich Notizen und wartet auf eine Gelegenheit, um zu kontern und seine Argumente zu platzieren. Doch der Kunde bleibt skeptisch und entscheidet sich für einen Mitbewerber.

Was ist passiert?

Der Verhandlungsleiter hat zwar zugehört, aber nur oberflächlich. Er hat das Gesagte aufgenommen, ohne es wirklich zu durchdringen. Er hat im Alltagsmodus zugehört. Er hat keine tiefergehenden Fragen gestellt, keine unausgesprochenen Anliegen erkannt und nicht aktiv gezeigt, dass er den Kunden wirklich verstanden hat.

Der Kunde hatte den Eindruck, dass sein Gegenüber in erster Linie auf das eigene Angebot fixiert war – und nicht auf die tatsächlichen Bedürfnisse seines Kunden. Der Fehler in dieser Situation war das oberflächliche Zuhören.

Ein verbreiteter Irrtum!

Viele Verhandler glauben, Zuhören sei eine passive Tätigkeit, ein Abwarten, bis sie selbst wieder zu Wort kommen.

In Wirklichkeit ist es harte Arbeit. Es genügt nicht, zuzuhören, um zu antworten. Man muss zuhören, um zu verstehen.

Die Lösung

Das Versäumnis, echtes Verhandlungszuhören anzuwenden, führte dazu, dass der Verhandlungsleiter wichtige Zwischentöne überhörte, kritische Punkte nicht aufgriff und somit keine starke Verbindung zum Kunden aufbaute. Ohne strategisches Zuhören ging wertvolles Verhandlungspotenzial verloren.

Maßnahmen zur Verbesserung des Verhandlungszuhörens:

Erfolgreiche Verhandler wissen: Zuhören ist eine aktive Technik, die strategisch eingesetzt werden muss. Die folgenden Maßnahmen helfen Ihnen, oberflächliches Zuhören zu vermeiden und echtes Verhandlungszuhören zu praktizieren:

  1. Augenkontakt halten – Zeigt echte Aufmerksamkeit und signalisiert Wertschätzung.
  2. Selbstlos zuhören – Ohne den Drang, sofort eine Gegenargumentation zu formulieren, sondern mit echtem Interesse am Gesagten.
  3. Ermutigendes Verhalten zeigen – Durch Nicken, kurze Bestätigungen („Verstehe“, „Interessant“), aber auch durch gezielte Fragen den Gesprächspartner ermuntern, mehr zu sagen.
  4. Verstehen anstreben – Nicht nur die Worte verstehen, sondern auch die Intention dahinter erfassen. Hier hilft es, Inhalte mit eigenen Worten zusammenzufassen und zu spiegeln („Sie sagen also, dass Ihnen vor allem die langfristige Preisstabilität wichtig ist?“).
  5. Das eigene Ego zurückstellen – Widerstehen Sie dem Impuls, Ihre Argumente sofort vorzubringen. Üben Sie sich darin, erst alle Punkte des anderen zu verstehen, bevor Sie selbst sprechen.
  6. Verdeckte Interessen aufdecken – Nicht nur auf das Gesagte hören, sondern auch auf Zwischentöne und Emotionen achten. Was sagt der andere nicht? Welche Interessen könnten dahinter stecken?
  7. Zuhörsignale einsetzen – Blickkontakt, Nicken, kurze verbale Bestätigungen und Wiederholungen helfen, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen und die Gesprächsdynamik zu lenken.

Der Merksatz

Zuhören in Verhandlungen stellt höchste Ansprüche: Halten Sie Augenkontakt, hören Sie aufmerksam und selbstlos zu, ermuntern Sie Ihr Gegenüber und streben Sie nach echtem Verständnis. Verhandlungszuhören hat mit Alltagszuhören nichts zu tun.

Die ZENTUNO-Methode

Die ZENTUNO-Methode strukturiert den komplexen Verhandlungsprozess in überschaubare Phasen. Sie hilft, den Überblick zu behalten, Ziele konsequent zu verfolgen und ermöglicht eine systematische, fehlerfreie Herangehensweise an jede Verhandlungssituation.

Darstellung des Zentuno-VerhandlungsrastersMehr erfahren

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