Merksatz 13

„Was wäre, wenn…?“ – Eine der mächtigsten Fragen in jeder Verhandlung.

Informationsdefizit bewältigen, Steuern und überzeugen

Das Problem

Ein Bewerber sitzt nervös im Gespräch. Er hat Angst, zu fordernd zu wirken und vermeidet es, direkt nach einem höheren Gehalt zu fragen.  Am Ende verlässt der Bewerber das Gespräch, ohne eine konkrete Vorstellung davon zu haben, wie weit er in der Gehaltsverhandlung hätte gehen können – eine verpasste Chance.

Beide Seiten scheuten den ersten Schritt und ließen wertvolle Informationen ungenutzt. Der Informationsnebel bleibt bestehen, weil niemand bereit ist, erste Aussagen zu treffen oder hypothetische Szenarien zu entwerfen, um die Reaktion der Gegenseite zu testen. Potenziale bleiben ungenutzt und Risiken werden falsch eingeschätzt.

Die Lösung

Der Bewerber hätte vage und eher beiläufig fragen können: “Angenommen, ich hätte eine andere Rolle im Team – wie würde sich das auf das Gehalt auswirken?” Der Personalverantwortliche beschreibt verschiedene Rollen und deren Vergütung. Der Bewerber erhält dadurch einen Einblick in die Gehaltsstruktur, ohne sich festlegen zu müssen.

Um Licht in den Informationsnebel zu bringen, lohnt es sich, Testballons steigen zu lassen:

Testballons sind vorsichtige Fragen, hypothetische Vermutungen oder scheinbar unverbindliche Aussagen, die eine Reaktion der Gegenseite provozieren und durch geschicktes Nachhaken oder bewusstes Schweigen weitere wertvolle Informationen zu Tage fördern sollen.

 Beispiele:

  • “Wäre es für Sie denkbar, dass…”,
  • “Wie würden Sie auf die Überlegung reagieren, dass…”,
  • “Nehmen wir an, dass…”,
  • “Ich weiß nicht, wie ich das meinem Kunden erklären soll”.

Solche Aussagen erfordern keine sofortige Festlegung, geben aber wertvolle Hinweise auf die Bereitschaft und Erwartungen der Gegenseite. Damit kann Unsicherheit systematisch abgebaut und die Verhandlung strategisch gelenkt werden.

Maßnahmen zur Umsetzung:

  1. Stellen Sie hypothetische Fragen: Fragen oder Aussagen formulieren, die keine direkte Positionierung erfordern, sondern Reaktionen provozieren. Beispiel: Ein Geschäftsführer fragt einen potenziellen Investor: “Angenommen, unser Unternehmen könnte in den nächsten fünf Jahren um 30 Prozent wachsen – wie würden Sie das bewerten?”
  2. Nutzen Sie mehrdeutige Aussagen: Lassen Sie bewusst Raum für Interpretationen, um die Reaktion des Gegenübers zu beobachten. Beispiel: Ein Autokäufer sagt zum Verkäufer: “Ein anderes Autohaus hat mir ein interessantes Angebot gemacht, aber ich bin mir noch nicht sicher, ob es das Richtige für mich ist”.
  3. Analysieren Sie die Reaktionen genau: Achten Sie auf verbale und nonverbale Hinweise, um die wahren Interessen des Gegenübers herauszufinden. Beispiel: Ein Kunde verhandelt mit einem Autohändler über den Preis eines Neuwagens. Anstatt direkt nach einem Rabatt zu fragen, erwähnt er beiläufig: “Ich habe gesehen, dass ein ähnliches Modell bei einem anderen Händler mit zusätzlichen Extras angeboten wird.” Der Händler reagiert und gibt einen Hinweis darauf, ob Spielraum für Preisverhandlungen besteht.
  4. Nähern Sie sich schrittweise an: Entwickeln Sie Ihre Strategie auf der Grundlage der gewonnenen Informationen, anstatt sich zu früh zu sehr festzulegen. Beispiel: Ein Geschäftsführer verhandelt mit einem potenziellen Geschäftspartner über eine Kooperation. Anstatt direkt nach den Konditionen zu fragen, wirft er beiläufig ein: “Angenommen, wir würden unsere Zusammenarbeit intensivieren – welche Rahmenbedingungen müssten dafür erfüllt sein?” So lotet er vorsichtig aus, wie weit die Gegenseite bereit ist, sich auf neue Bedingungen einzulassen.
  5. Hören Sie aktiv zu: Um die Reaktion auf den Testballon umfassend zu verstehen, ist aktives Zuhören unerlässlich. Achten Sie genau auf verbale und nonverbale Signale, lassen Sie Ihrem Gegenüber Raum zur Äußerung und wiederholen Sie wesentliche Punkte, um Missverständnisse zu vermeiden. 
  6. Schweigen Sie gezielt: Nach der ersten Reaktion auf den Testballon kann es hilfreich sein, bewusst zu schweigen. Oft füllt die Gegenseite diese Stille mit zusätzlichen Informationen oder weiterführenden Erklärungen. Schweigen signalisiert zudem, dass Sie das Gesagte reflektieren, und kann Ihrem Gegenüber das Gefühl geben, noch mehr preisgeben zu müssen.

Der Merksatz

Machen Sie es wie die Kinder – lassen Sie Luftballone steigen, um Informationen zu gewinnen oder Standpunkte und Positionen auszuloten.

Die ZENTUNO-Methode

Die ZENTUNO-Methode strukturiert den komplexen Verhandlungsprozess in überschaubare Phasen. Sie hilft, den Überblick zu behalten, Ziele konsequent zu verfolgen und ermöglicht eine systematische, fehlerfreie Herangehensweise an jede Verhandlungssituation.

Darstellung des Zentuno-VerhandlungsrastersMehr erfahren

Weitere  Merksatz-Briefings